09.03.2020

Psychische Probleme

Hallo, lange habe ich nichts von mir hören lassen. Zum einen, weil ich mehr auf Instagram isabella_newlifeloading sowie auf www.influcancer.com unterwegs bin. 🙂

Heute schreibe ich mal über das totgeschwiegene Thema Psyche, die eine Krebserkrankung mit sich bringt. Ein Kapitel, wo ich schon sehr lange überlege, ob ich darüber schreiben soll. Schämt man sich immer noch dafür? Nein, ich denke so sollte es nicht sein. Wir sind doch keine Roboter oder Maschinen. Wir sind Menschen und all das, was wir durchmachen mussten, ist ohne Hilfe nicht zu bewältigen.

Es ist ein Thema worauf mich kein Onkologe, kein Arzt vorbereitet hat. Es kam bei mir ganz plötzlich. Als die Therapien sich dem Ende zuneigten und ich ja quasi „gesund“ war, meldete sich meine Psyche zu Wort. Ganz einfach erklärt: 2 Jahre lang hatte ich Therapien ohne Ende und kämpfte jeden Tag von einen Tag in den anderen. Da war für die Psyche keine Zeit. Doch i.wann kommt es wohl bei jedem Krebspatienten.

Im November 2018 lag ich erneut im Krankenhaus, denn ich erhielt mein erstes künstliches Hüftgelenk. Da war es dann soweit! Ich sah die Infusionsbeutel und fiel in ein tiefes, tiefes Loch. Alles kam wieder hoch. Alles, was ich auf der Onkologie erlebt habe, kam wieder hoch. Weinte ununterbrochen, hatte Panikattacken mir schwerer Atemnot, ich hatte das Gefühl, mir sticht jemand auf die Brust ein, weil es so schmerzte und ich so einen Druck verspürte. All meine Stärke brach zusammen, ich wollte und konnte nicht mehr „nur stark sein“.  All die Todesängste, Arztgespräche wo ich abgeschrieben wurde, all die Zukunftsängste, vereinnahmten mich völlig. Ich wollte es mir lange nicht eingestehen, doch es ging nicht mehr. Es ging bis hin zu Suizidgedanken, völlig depressiv und in einem tiefen, schwarzen Loch fühlte ich mich. Und ja auch der Umgang mit meinem Körperbild war nicht einfach. Sich wieder als „Frau zu fühlen“, nachdem ich mit 26 Jahren in den Wechsel kam, war auch nicht gerade einfach. Von den körperlichen Veränderungen durch diese Krankheit abgesehen.

Ich wusste, ich brauche Hilfe. Und zwar schnell! Wir machten uns also auf der Suche nach einer Psychotherapeutin. Gott sei Dank fand ich schnell jemanden und ich konnte relativ schnell mit einer Therapie starten. Zum ganzen Krebstrauma kamen auch noch sehr schwere familiäre Probleme auf mich zu sowie die Trennung mit meinem langjährigen Partner. Das Jahr 2019 war weiß Gott nicht einfach für mich und meine Familie. Wir mussten wieder alle gemeinsam sehr stark sein und zusammenhalten.

Ich entschied mich für eine Psychotherapie. Und heute bin ich einfach nur froh, diesen Schritt gemacht zu haben. Es war die beste Entscheidung ever!

Zuerst hat mir meine Therapeutin sehr effektive Entspannungstechniken und Atemübungen beigebracht. Die Techniken trainierte ich dann mehrmals täglich und meine extremen Panikattacken gehörten der Geschichte an. Einfach Wahnsinn, wie effektiv diese Techniken sind. Seither praktiziere ich zu meinem Mentaltraining auch täglich autogenes Training, Atemübungen, Entspannungstechniken, Visualisierungstechniken sowie die NLP Klopfmethode.

Zudem führte meine Therapeutin auch eine Traumatherapie durch. Und es war einfach Balsam für die Seele. Und mit jeder Stunde, mit jeder Woche fand ich Schritt für Schritt immer mehr zu mir zurück und ich wurde immer stärker und stärker. Es war eine Reise zu mir selbst, die ich im Dezember 2019 abschließen konnte. Das heißt, nach ca. 40 Psychotherapiestunden, konnte ich auch dieses Kapitel erfolgreich abschließen. Meine Therapeutin gratulierte mir, dass ich diese schweren Traumata in nur 40 Stunden erfolgreich bewältigt habe. Es liegt wohl daran, dass man selbst mitarbeiten muss und ich mit einer grundlegenden Resilienz ausgestattet bin, Gott sei dank. Ich denke, so schnell wirft mich nichts mehr um.  Ich bin schon ein bisschen stolz auf mich, all das geschafft zu haben. Das ich mich all dem gestellt habe und heute so locker darüber schreiben kann, ist einfach phänomenal. Ich kann anderen auch den Tipp mit auf den Weg geben. Stellt euch euren Ängsten, arbeitet es professionell auf. Denn ich kann nur bestätigen, als sich der ganze Schockzustand aus dem Körper löste, so wurde auch meine Fatigue und Belastbarkeit wesentlich besser.

Krebs ist ein Lebensumstand

Krebs ist definitiv ein Lebensumstand, den es zu integrieren gilt. Warum ich das so sage? Der Weg zurück in ein normales, geregeltes Leben ist schwieriger als ich dachte. Dinge, die Außenstehende nicht mehr sehen. Denn für die meisten sind wir einfach nur gesund. Tja, glaubt man den Ärzten, dann erholt sich ein Körper so gut wie nie, von so einer schwerwiegenden Erkrankung. Was sich dann wieder mit Fatigue-Schüben bemerkbar macht. Dennoch bin ich einfach nur unendlich dankbar, noch am Leben sein zu dürfen. Und alles andere, kommt mit der Zeit.

Im Juni dieses Jahres werde ich erstmalig nach 3 Jahren zur onkologischen REHA gehen dürfen. Ich freue mich schon sehr. Endlich ist es soweit. Unfassbar, dass ich es soweit geschafft habe. Ansonsten mache ich derzeit sehr viel Sport und ich habe mit dem Krafttraining meine Hüftmuskulatur sehr gut aufbauen können.

Dennoch kann ich sagen, dass es immer wieder Talfahrten gibt. Wenn wieder eine Kontrolle im LKG Graz ansteht, bin ich meistens, die Wochen davor sehr angespannt. Die Angst ist unser aller Begleiter für unser ganzes restliches Leben nach dem Krebs. Es ist wichtig, damit leben zu lernen und für sich einen Weg zu finden. Ja auch ich habe diese Schübe. Angst vor einem Rezidiv, Angst vor einer erneuten Gvhd (Abstoßung). Angst, viel zu jung zu sterben. Denn auch wenn meine Werte momentan stabil sind, es kann jederzeit wieder anders werden. Ein Durchfall reicht aus, dass ich und meine Familie fast durchdrehen. Denn es könnte ja wieder ein Gvhd im Anmarsch sein.  Ja, diese Angst ist ständiger Beifahrer. Und ich versuche, diese Angst herzunehmen, um das Leben zu genießen. Die Zeit die ich noch habe, all die Momente bewusst und achtsam aufzusaugen. Dinge, die andere in meinem Alter definitiv nicht können. Oft bin ich einfach nur wütend, denn mit anderen gleichaltrigen kann ich nicht mithalten. Ich bin manchmal wütend, dass ich mit meinen 29 Jahren überhaupt solche Gedanken der Endlichkeit des Lebens haben muss. Diese Unbeschwertheit die andere haben in diesem Alter, ist einfach vorbei. Es ist anders und das Leben nach dem Krebs wird nie mehr sowie es davor war. Aber dennoch, weiß ich es zu schätzen. Und ich bin i.wie dankbar für all diese Erfahrungen. Denn genau dass formt mich zu diesem Menschen, er ich heute bin. Persönlich habe ich mich sehr weiterentwickelt und ich denke ich bin sehr daran gewachsen, zum Positiven.

Zudem kommen immer wieder Fatigue Syndrome. Oft komme ich tagelang gar nicht auf und bin einfach hundemüde und erschöpft. Man kann sich das so vorstellen, dass wir Krebsis mit 70 Prozent Akku in den Tag starten. Und automatisch sind wird gegen Mittag dann einfach mal platt. Es ist schwierig mit der „neuen“ Belastbarkeit leben zu lernen. Es ist noch längst nicht so weit, dass ich einem z.B. 20Stunden Job nachgehen könnte. Ich habe für mich festgestellt, dass wenn ich einen Fatigue-Schub habe, auch die Psyche schneller unten ist. Also ohne meine Ruhephasen geht es wohl nichts mehr.

Nichtsdestotrotz bin ich mehr als zuversichtlich. Meine Belastbarkeit ist im Vergleich von vor einem Jahr, schon sehr gestiegen. Und auch die Konzentration sowie Merkfähigkeit sind wesentlich besser geworden. Ich sehe immer die kleinen Fortschritte und vertraue dem Leben einfach. Alles kommt zur rechten Zeit zu mir. Schritt für Schritt hole ich mir alles zurück. 😉

Ich fühle ich mich immer stärker und stärker und ich kann den psychischen Tiefphasen mit Mentaltraining, Sport (JA, Sport hilft definitiv gegen Fatigue-Schübe), Entspannungs-sowie Visualisierungstechniken immer erfolgreich entgegenwirken. Nicht destotrotz überwiegt die Freude am Leben sein zu dürfen. Wieder am Leben teilhaben zu dürfen. Wieder unter Menschen gehen zu dürfen, wieder Spaß haben zu dürfen, wieder Sport machen zu dürfen.

Ich freue mich auf den Sommer 2020, auf all das, was ich hoffentlich noch erleben darf und werde.  Und ich freue mich ganz speziell auf den September 2020. Denn da werden meine Kortison Striae von der plastischen Chirurgie entfernt. Es wird eine Oberarm und Bauchdeckenstraffung durchgeführt. Was für mich eine sehr große Bedeutung hat. Denn wie ihr ja wisst, hat mich das Kortison völlig entstellt. Und mein Selbstbild leidet schon sehr darunter. Ich sehe immer nur die Krankheit, wenn ich in den Spiegel blicke. Diese Operationen werden viel dazu beitragen, wieder zu mir selbst zu finden. Es ist nicht einfach mit den körperlichen Veränderungen klarzukommen. Darüber werde ich natürlich auch wieder berichten.