14.02.2018

Meine Stammzellentransplantation

Es geht nun weiter in Graz auf der KMT Station. Am 4. Juli 2017 wurde ich nach Graz als Notfall überstellt zur Stammzellentransplantation. Auf der KMT Station befinden sich 6 Isolierzimmer durch die man wieder nur durch eine streng kontrollierte Schleuse kam. Jeder Besuch musste sich komplett ausziehen, sich desinfizieren und ein extra Gewand samt Schuhen anziehen. Nur so durfte ich die engste Familie als Besuch empfangen. In der Zeit durften nur meine Eltern sowie Florian zu mir um keine Keime ins Zimmer zu bringen.

mein 2. Leben beginnt

Es musste alles schnell gehen denn mein Krebs wuchs in der Zeit inzwischen wieder rasend schnell. Die Zeit war immer gegen mich. Noch während des Zellentiefs von der zweiten Chemo musste ich einen gewaltigen Untersuchungsmarathon für die Stammzellentransplantation über mich ergehen lassen. Der Körper wurde von Kopf bis Fuß durch gecheckt. Zahnarzt, sämtliche Organe, Gynäkologische Untersuchungen…. Alles wo sich ein Keim verstecken kann wird untersucht. Den jeder noch so kleine Keim kann zum Tod führen nach der Hochdosischemo vor der Stammzellentransplanation. Diese Untersuchungen waren sehr anstrengend für mich. Ich glaube ich kenne mittlerweile jedes Gebäude im LKH Graz. Ich hatte kaum Kraft. Sie fuhren mich mit dem Rollstuhl, denn laufen konnte ich nicht. Ich war zu schwach dazu. Erstmalig war ich mit Leuten ausserhalb des Isolierzimmers konfrontiert. Es war schlimm für mich mich so zu sehen. Im Rollstuhl mit Glatze. Jeder schaut einen an….
So eine Stammzellentransplantation ist der größte Eingriff in den menschlichen Organismus. Die Ärzte sagten, dass vergleichsweise ein neues Herz nicht so tragisch ist für den Körper. Man bekommt davor so eine starke Chemotherapie die sehr tödlich ist. Viele sterben schon während dieser Chemo. Wenn ein gesunder Mensch diese Chemo erhält, würde er sich niewieder davon erholen ohne Stammzellen, erklärten uns die Ärzte. Es ist die stärkste Chemo lt. Ärzte in Graz die es gibt. Ich hatte große Angst davor. Die Ärzte klärten mich auf wie hoch das Risiko ist, dass ich allein schon an der Chemo versterbe. Aber es nützte einfach alles nichts, ich musste es durchziehen, ansonsten sterbe ich am Krebs. Ich musste viele Gespräche führen mit den Ärzten über das Sterben. Patientenverfügung etc. klären. Das war schon sehr eigenartig. Aber ich sagte dann zu den Ärzten „Her mit dem Gift, das schaffe ich jetzt auch noch“. Was stärkeres gibt es gegen Leukämie nicht mehr.
Die Chemo begann am 12.07.2017 und dauerte wieder 6 Tage, alle 4 Stunden. Ich war 6 Wochen lang durchgehend an den Infusiomaten angehängt. Meistens gleich 4 Stück. Echt nervig, denn die piepsten immer wie verrückt. Und das Tag und Nacht. Mein Körper bestand nur noch aus Chemo und Medikamenten. Ab 12.07. wurde mit Tag -7 gerechnet. Der Tag Null ist der Tag der Stammzellentransplantation. Ich bekam zur Chemo jede Menge Tabletten dazu. Für jedes Organ etwas und gegen epileptische Anfälle. Diese Chemo hat wirklich alles davorige in den Schatten gestellt. Schon währenddessen ich sie bekam fing der Körper an zu rebellieren. Ich zitterte am ganzen Körper. Es war der wahnsinn, kaum zu beschreiben. Ich schlief sehr viel und war 3 Wochen nur noch anwesend im Zimmer. Ich fühlte mich so leer, so kraftlos. Die Kraft verließ mich von Tag zu Tag mehr. Meine Mundschleimhaut war offen, der Hals blutig. Das Essen wurde schwieriger. Durchfall hatte ich auch, den Stuhl konnte ich nicht halten. Am schlimmsten waren die Hitzeattacken. Ich schwitze aus jeder Pore. Einfach unbeschreiblich. Der Körper war am Ende. Ich kämpfte um jedes kg.  Am 19.07.2017 war es dann soweit. Der TAG NULL war da. Ich bekamm an diesen Tag die Stammzellen meiner Schwester. Ab jetzt wird mein Leben in Tagen gerechnet. Vom Tag Null, Tag 1, Tag 2, Tag 3 usw. … Ich wurde also neu geboren am 19.07.2017. Durch diese Chemo verlor ich auch meine Augenbrauen und Wimpern. Das war sehr schlimm für mich. Ich sah jetzt noch kranker aus. Dann begann das große warten. Wie immer warten …. Die neuen Zellen brauchen ca. 14 Tage um sich im Knochenmark anzusiedeln und bis sie neues Blut bilden. Bis dahin ist der Körper immer im lebensbedrohlichen Zustand. Ich schaffte es ohne Infekt diese Zeit zu überbrücken. Gott sei dank!! Mein Körper ist sehr stark. Alle Organe machten mit. Nach ca. 14. Tagen hat man endlich erste Blutwerte feststellen können. Dann ging es relativ schnell. Das neue Blut bildete sich langsam. Zugleich hat man ständig Angst ob es Blut vom Spender ist, oder mein Blut welches Krebszellen produziert. Dieses warten und hoffen war schon extrem zehrend für mich. Die Isolierung dazu machte es nicht einfacher. Während dieser Zeit durfte ich nur sterile Kost zu mir nehmen. Es gab 6 Wochen lang nur Tiefkühlkost. Alles hoch erhitzt, keimfrei.
Meine Schwester musste sich währendessen ich die Chemo erhielt spritzen geben. Spritzen um die Stammzellen anzuregen. Sie hat das so tapfer für mich gemacht. Dadurch hatte sie leichte, grippeähnliche Symptome. Davor musste sie mehrmals nach Graz zur Blutabnahme, um zu checken ob sie auch gesund ist. Sie bekam am Tag Null ein Frühstück in Graz und danach war sie 3 Stunden angehängt. Es ist so ähnlich wie Plasma spenden. Die Stammzellen werden von einem Arm herausgefiltert und das restliche Blut fließt am anderen Blut wieder retour. Also für den Spender nicht so aufregend. Sie kam mich nach den 3 Stunden auch gleich wieder besuchen. Es ging ihr sofort gut. Die meisten verwechseln das mit dem Rückenmark. Leute, keine Angst davor Stammzellenspender zu werden! Blut abnehmen geht doch auch, oder? Es ist kein großer Eingriff für den Spender, rettet aber Leben!!! Ich habe nun 50% Chance zu überleben. Es kann zu einem Krebsrückfall kommen oder ich kann an den Folgen einer schweren Abstoßung sterben. Was der Körper draus macht wissen wir nicht. Was bleibt ist die Hoffnung. Die Hoffnung und der Glaube daran dass ich die nächsten Jahre überlebe und tatsächlich ein medizinisches Wunderwuzi bin. Über das Leben nach der Transplantation und welch langer Weg es noch ist berichte ich bei den nächsten Beiträgen.

An dieser Stelle möchte ich mich nochmal bei meiner Schwester, meiner Spenderin, meiner Lebensretterin bedanken. Liebe Ingrid, DANKE das du mir ein zweites Leben geschenkt hast. Durch dich lebe ich. Nur durch dich! Ich kann meine Dankbarkeit nicht in Worte fassen. Nur durch dich darf ich Momente genießen und erleben. Ich bin jetzt du und du bist ich. Wir sind Zwillinge – ein Leben lang. Ich lebe durch dich weiter. DANKE!!

allgemeines zur Stammzellentransplantation

 

Ich möchte nun ein bisschen Aufklärung betreiben zur Stammzellentransplantation selbst.

Was sind Stammzellen? Stammzellen sind quasi das „Urblut“ im Knochenmark. Sie bilden alle weiteren Blutzellen wie die weißen oder roten Blutkörperchen, Blutplättchen, Leukozyten etc. Diese Stammzellen haben mit dem Rückenmark nichts zu tun! Sie werden aus dem Blut des Spender gewonnen.

Wie läuft so eine Transplantation ab? Vor der Transplantation ist eine sehr schwere Konditionierungstherapie notwendig, eine mehrtägige Chemo. Hier wird das Knochenmark, das Immunsystem sowie das blutbildende System komplett zum Erliegen gebracht. Es dauert 2 bis 5 Jahre bis sich das neue Blut und das neue Immunsystem bildet und der Körper ohne Medikamente zurecht kommt. Die Nebenwirkungsliste von einer Stammzellentransplanation ist sehr lange. Es führt zur Unfruchtbarkeit, Skelett, Muskeln, Organe sowie das zentrale Nervensystem werden geschädigt. Es kann zu sehr schweren tödlichen Abstoßungsreaktionen kommen. Die meisten versterben während der Chemo die man erhält oder während den ersten Wochen nach der Stammzellentransplantation. Man kann zwar damit leben, aber niewieder so wie es einmal war. Das größte Problem ist die extreme Infektanfälligkeit. Viele versterben an einen leichten Keim, Bakterien.

Wie wird man Stammzellenspender?
Als Spender kommen alle gesunden Menschen in Frage im Alter zw. 17 und 45 Jahre alt. Es ist wie Blut spenden für den Spender, nur das es ein paar Stunden dauert. Also bitte keine Angst davor!!!Es hat auch nichts mit dem Rückenmark zu tun. Das Rückenmark bleibt davon völlig unberührt!!
Als erster Schritt reicht es wenn ihr euch mit einem Speichelprobenset in der weltweiten Datenbank registrieren lässt. Siehe www.gebenfuerleben.at Hier könnt ihr den Speicheltest nachhause schicken lassen. Also ganz bequem ohne viel Aufwand.
Sollte man jemals als Spender in Frage kommen, wird man angerufen. Erst dann sind weitere Blutabnahmen erforderlich und erst dann wird gecheckt ob man als Spender in Frage kommt. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1:500.000 !!! Meine Schwester hing ca. 3 Stunden an der Filtermaschine und ist danach gleich zu mir ins Zimmer gekommen und war live dabei bei der Transplantation. Wer Blut spendet, dem sollte eine Stammzellenspende auch nichts machen. Es ist ein Irrtum denn alle Glauben es ist für den Spender so ein großer Eingriff mit dem Rückenmark. Noch einmal Leute, es ist wie Blut spenden die etwas länger dauert!!! Und es hat nichts mit dem Rückenmark zu tun!!!