04.02.2019

let`s live in the moment

Hallo, passend zum Weltkrebstag mal ein kurzes Update von mir. Die letzten Monate hat sich seeehr viel getan. Ein auf und ein ab an Emotionen. Durch das viele Cortison wurden meine Hüftknochen kaputt. Ich konnte mit dem rechten Bein kaum noch aufsteigen, nicht mehr gehen. Die Diagnose lautete Knochennekrose. Das heißt der Knochen wurde nicht mehr durchblutet und starb ab. Der rechte Hüftknochen war völlig kaputt und die linke Hüfte ist auch schon am kaputt werden. Es ging dann alles sehr schnell. Im Oktober die Diagnose und im November wurde ich schon operiert und bekam rechts ein neues Hüftgelenk. Das war alles ein bisschen viel für mich. Als ich wieder im Krankenhaus lag, brach meine Psyche zusammen. Wie ein starker Regen brach es über mich ein. Ich weinte nur noch und war in meinem Loch gefangen. Im Krankenhaus kamen soviele Emotionen hoch. Es erinnerte mich alles an die Zeit wo ich im Isolierzimmer lag und um mein Leben kämpfte. Die Folge waren dann sehr heftige Panikattacken mit Atemnot. Die Angst vor dem Krebs beherrschte mich völlig. Das war dann der Zeitpunkt wo ich mich zu einer Psychotherapie entschloss.

eine neue Lebenseinstellung macht sich breit

Heute kann ich offen darüber reden und schäme mich nicht mehr dafür, dass auch meine Psyche einbrach und ich dafür Hilfe benötige. Damit haben wahrscheinlich alle Krebspatienten früher oder später zu tun, viele reden nur nicht darüber. Aber ich denke, bei dem was ich erlebt habe, darf das auch sein und es ist völlig okay. Ich habe dann Gottseidank eine tolle Psychotherapeutin gefunden und ich gehe seitdem jede Woche zur Therapie. Alleine schaffte ich es nicht mehr mit meiner Angst vor der Krankheit leben zu lernen. Die Angst vor einem Krebsrückfall, vor einer neuen Abstoßung, den kaputten Knochen… Es war bzw. ist schrecklich. Mein Zustand kann sich jeden Tag ändern. Eine schwere Abstoßung kann immer sein, ein Krebsrückfall natürlich auch. Oft weiß ich nicht wie ich damit leben soll. Mit dieser Ungewissheit das jederzeit wieder etwas sein kann. Aber es gibt auch positive Neuigkeiten. Das Cortison für die Leber Gvhd bin ich endlich los und es sind auch ganze 16 kg Wasser weg. Die Leber ist relativ stabil. Das einzige was nervt ist mein Darm. Die letzten Monate konnte ich kaum was essen, hatte permanent Brechreiz. Sobald ich was zum Essen sah, kam schon der Würgereiz. Die Mundschleimhäute sind manchmal auch offen. Deshalb habe ich wohl in so kurzer Zeit soviel abgenommen. Aber egal, Hauptsache das Gewicht geht runter, wie ist doch egal. 😉 ….

Durch die Psychotherapie kann ich Schritt für Schritt lernen mit der Krankheit leben zu lernen. Es ist nicht einfach wenn man den Tod ständig im Nacken hat. Wenn man einmal so mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert ist, lebt man anders. Die Ängste werde ich wohl nie wegkriegen aus meinem Kopf, aber man kann lernen damit umzugehen. Mittlerweile habe ich es geschafft, dass ich wieder lachen kann. Ehrlich lachen kann. Also nichts aufgesetztes, sondern wie die alte Isi halt eben war. Immer für Gaudi zum haben. Was schön ist, dass man sich über all die kleinen Dinge im Leben freut. Ich freue mich über frische Luft, über Sonnenschein etc. … Es macht sich eine völlig neue Lebenseinstellung breit und ich bin geil auf das neue Leben und freue mich auf alles, was ich noch erleben darf. Ich versuche an den Tagen wo es mir gut geht das beste rauszuholen. Und an den schlechten Tagen bleibe ich einfach im Bett. Das stört mich aber nicht mehr. Der Körper ist nicht mehr das, was er mal war. Aber mein Gott, man lernt damit umzugehen und sich die Kräfte anders einzuteilen. Was ich nicht mehr kann, ist anderen Menschen zuzuhören wenn sie sich über Banale Dinge aufregen. Und ja, das tun soooo viele. Da denke ich mir dann nur, „Habt ihr keine anderen Sorgen“? Meine erste Party habe ich auch schon gehabt. Mein Zwilling hatte Geburtstag und da habe ich sogar bis Mitternacht ausgehalten und a bisserl Bier genippt. Ich gehe auch schon mit Freundinnen Kaffee trinken oder Frühstücken ohne einen Mundschutz zu tragen. Das wäre vor einem halben Jahr nicht möglich gewesen. Meinen ersten Schnupfen habe ich auch schon überstanden. Es ist völlig anders wie früher. Mit einem leichten Schnupfen lag ich fast eine Woche im Bett. Aber mein neues Immunsystem hat es gut überstanden. Mein Immunsystem ist zwar noch schwach, aber schon viel stärker. Fortgehen unter vielen Leuten darf ich leider noch nicht. Aber das kommt bestimmt auch noch.  Auch eine Grippeimpfung und eine Pneumokokkenimpfung durfte ich schon durchführen. Ich freue mich über meinen neuen Impfpass. Mittlerweile habe ich gelernt mit dem Tod umzugehen. Lange kam ich überhaupt nicht damit klar. Ich verstand es nicht, warum all die, die ich kannte an dieser Krankheit gestorben sind und ich überlebt habe. Warum ich? Und warum sind junge Eltern daran gestorben? Wäre doch besser wenn ich gestorben wäre, den ich habe noch keine Kinder. Aber jetzt denke ich anders. Jedes mal wenn ich schöne Momente erlebe, denke ich an die Verstorbenen und lebe den Moment für sie mit. Gemäß dem Motto “ Let´s live in the Moment“ . Das konnte ich früher nicht, doch durch diese Krankheit kann ich es.  Und das ist gar keine schlechte Eigenschaft. Ich glaube ich bin am richtigen Weg. Jedenfalls lasse ich mir von NIEMANDEN meine neue Lebensfreude nehmen. Es geht weiter und weiter, Schritt für Schritt hole ich mir mein Leben zurück.