19.07.2018

das erste Jahr ist geschafft

Am 19.07.2018 feierte ich meinen ersten Geburtstag. Ich bin jetzt quasi ein Jahr alt. Auf die Frage wie es mir nun geht: Ich kämpfe noch immer gegen die cGvhd (Abstoßung) und bin noch immer immunsupprimiert, d.h. keine Menschenansammlungen, immer Mundschutz tragen wenn ich wohin gehe etc. …Das erste Jahr spielte sich im Krankenhaus, Apotheke und Arzt ab. Die vielen Tabletten … das kann sich ein Aussenstehender gar nicht vorstellen. 30 Stück am Tag, das macht 1000 Stück im Monat. Ein Wahnsinn. Die vielen Medikamente sind anstrengend, ich kann mich nur sehr schwer konzentrieren und meine Merkfähigkeit ist noch immer im Arsch. Die starken Chemos und die vielen Medikamente hinterlassen halt Spuren. Ich bin immer soooo müde und könnte nur schlafen. Ich arbeite viel mit Mentaltraining und halte mir immer meine Ziele vor Augen. Roz und Wasser habe ich geweint weil ich soviel zugenommen habe durch das Cortison. Diäten ausprobiert, doch trotzdem jede Woche zugenommen. Ich bin durch die Medikamente aufgegangen wie ein Germknödel. Mittlerweile habe ich mich einigermaßen arrangiert mit meiner neuen Figur. Aber es gibt Tage wo mich das soooo nervt. Alles drückt, man ist eingeschränkt bei den Bewegungen und ich kann nur noch Umstandsmode anziehen. Aber scheiss drauf denke ich mir immer wieder, hauptsache der scheiss Krebs kommt nicht wieder zurück. Das ist wohl das Wichtigste. Was mir oft sehr weh tut ist, dass ich miterleben muss wie andere Gleichgesinnte an einen Rückfall versterben. So langsam vergeht es mir Freundschaften auf der KMT Station zu schließen. Manchmal frage ich mich selber wie ich das alles psychisch aushalte. Seit über einem Jahr bin ich von Menschen weg isoliert (Infektionsgefahr) und harre das alles einfach aus. Manche verstehen nicht warum ich nirgends hingehe. Aber ich darf nicht unter Menschenansammlungen. Ein leichter Husten oder Schnupfen kann für mich gleich eine Lungenentzündung bedeuten. Am meisten zipft mich an, dass ich nicht baden gehen darf (wegen den Keimen nicht möglich). Ich habe mich schon so gefreut auf den Sommer 2018 weil ich ja den ganzen Sommer 2017 weggesperrt war. Viele fragen mich wielange diese Abstoßung noch dauert: Auf diese Frage gibt es keine Antwort, das kann mir kein Arzt sagen. Ich fahre halt alle 14 Tage nach Graz auf die Hämatologie und dort wird alles kontrolliert und die Medikamente eingestellt. Es ist eben kein Knochenbruch oder eine Grippe wo man sagen kann, das ist in ein paar Wochen wieder vorbei.

Auf die Frage wie ich das alles schaffe...

Ich versuche meine Ängste wie es wohl weitergeht in meinem Leben zu kontrollieren. Das gelingt mir auch sehr gut. Dafür habe ich mir ein große Visionstafel aufgehängt. Voll mit Bildern von meinen Zielen. Ich stelle mir jeden Tag vor, dass ich i.wann dort bin, was ich auf den Bildern sehe. Meine schöne, schlanke Figur, das Meer, ein Brautkleid und viele weitere schöne Ziele. Ich bin schon ein bisschen stolz auf mich selbst, dass ich das so hinkriege und ich in kein Loch gefallen bin. Positiv zu denken ist die einzige Lösung. Immerhin ist es wissenschaftlich bewiesen, dass sich unsere Gedanken und Gefühle auf den Körper und unsere Zellen auswirken.

Einfach mal wieder „Frau sein“ das wär’s. Ohne Vollmondgesicht (vom Cortison) und ohne dicken Bauch (vom Cortison). Normale Kleidung anziehen zu können, sich wieder aufstylen können das wär’s. I.wann wird das alles wieder  zurückkommen zu mir. Aber auch ich habe Tage wo ich nicht klar komme und weine. Ich freue mich für all meine Freundinnen das sie Babys bekommen, aber es tut mir auch weh weil ich nie Kinder haben werde. Da fragt man sich dann schon, warum ich? Warum hat es mich so schwer erwischt?

Oder wenn dann wieder jmd. stirbt ist das dann schon schwer für mich. Denn ich selbst habe die gleiche beschissene Prognose erhalten. Und warum soll es ausgerechnet bei mir gut gehen?

Ich versuche jeden Tag ein bisschen zu lesen. Eine ganze Stunde am Stück schaffe ich schon. Das ist schon viel, denn am Anfang konnte ich nicht mal eine Seite lesen. Ich merkte mir nichts. Das mit der Konzentration und Merkfähigkeit ist halt noch so eine Sache. Ich hoffe das kommt wieder zurück. Aber ich befürchte, die „alte Isi“ werde ich nicht mehr werden. Meine Ansichten über das Leben haben sich einfach in allen Lebensbereichen geändert. Wo sich andere über banale Sachen aufregen denke ich mir „Hast du keine anderen Sorgen?“ Wenn man einmal dem Tod so ins Gesicht schauen muss verändert sich einfach alles.

Man muss halt einfach immer positiv denken und sich an alle kleinen Fortschritte erfreuen. So schwer das manchmal auch ist, es geht nur so. I.wann werde ich wieder ein normales Leben führen. Das halte ich mir immer vor Augen und so bekämpfe ich all meine Ängste. Auch wenn es nicht jeden Tag funktioniert …. Bis bald meine Lieben .