01.03.2018

die nächsten 100 Tage-neues Blut alles gut, schön wärs

 

 

Ich habe die ersten 100 Tage nach der Stammzellentransplantation überlebt. Das ist schon wieder ein großer Erfolg. Die Ärztin gratulierte mir zum Sprung ins neue Jahr 2018 und meinte dass dies medizinisch gesehen eigentlich bei meiner Leukämieform nicht mehr zu erwarten war. Ich bin halt ein Wunderwuzzi.

 

 

 

die erste GVHD - Abstoßung

Ich konnte mittlerweile wieder gut spazieren gehen und mich bewegen. Doch am Tag 140 begann die erste Abstoßungsreaktion sich zu entwickeln. Es ging mir von Woche zu Woche schlechter. Ich muss nachwievor wöchentlich nach Graz zur Therapieeinstellung und nehme knapp 30 Tabletten am Tag. In meinem Leben gibt es nur noch Krankenhaus, Therapie und Tabletten. Es ist ein sehr schmaler Grad dass die Leukämie wieder zurückkommt. Es war soweit, ich bekam die erste schwere Abstoßungsreaktion. Das nennt sich GVHD. Graft versus Host Reaktion. Die Spenderzellen erkennen den Körper als fremd an und so kommt es zu Abstoßungsreaktionen. Diese äußerten sich in meinem Fall bei der Leber, Haut und Mundschleimhäuten. Ich konnte kaum was essen, weil alles offen war.

Es ging mir immer schlechter. Meine Leberwerte explodierten binnen einer Woche und somit bekam ich eine sehr hochdosierte Cortisontherapie dazu. Pro kg ein Milligramm. Ich nehme seit Mitte Dezember Höchstdosiscortison mit Immunsuppressiva. Also Menschenansammlungen sind nachwievor zu meiden und ich darf nicht unter Leute. Man muss sich das so vorstellen, dass die Abstoßung wie eine Immunreaktion ist. Die neuen Stammzellen erkennen meinen Körper als fremd an und greifen Organe, Gewebe und Muskeln an. Der Grund warum ich momentan so aussehe wie ich aussehe ist das Kortison. Ich habe binnen einer Woche 7kg zugenommen. Soviel Wasser habe ich überall. Also mein Gesicht ist deshalb so dick und geschwollen!!! Das nennt sich auch Vollmondgesicht und ist eine Nebenwirkung vom Kortison. Also bitte spart euch diese Sprüche wie „schaust eh rund und gsund aus.“ Mit Gesundheit hat das alles nichts zu tun!! Wenn ich meine 30 Tabletten nicht nehmen würde, würde ich eh umfallen. Was glaubt ihr wie man sich bei solchen Sprüchen fühlt? Was glaubt ihr wie ich mich fühle mit 27 im Wechsel zu sein und unfruchtbar zu sein. Von heute auf morgen? Also Leute, wenn ihr nicht wisst wovon ihr redet und was hinter diesen Menschen steckt dann haltet einfach euren Mund. Sorry, das musste einfach mal gesagt werden.

Mir ging es von Woche zu Woche schlechter. Tätigkeiten wie Geschirrspüler ausräumen sind für mich Hochleistungssport. Ich schaffe die alltäglichsten Dinge nicht. Alles ist zuviel. Ich kann mich nur schlecht bewegen. Wisst ihr wie es ist dass anzunehmen? Ich bin noch so jung… Der Körper weist mich bei den alltäglichsten Dingen in die Schranken  und ich muss nachgeben. Aber dennoch freu ich mich wenn ich das schon machen kann. Ich traue mich in den Geschirrspüler zu greifen. Aufgrund der Keime ist das schon ein Meilenstein für mich. Ich fasse auch wieder Fetzen an und wische z.B. den Tisch ab. Das sind alles Sachen, die für mich viel sind. Anfang Jänner bekam ich dann aufgrund des vielen Kortisons Zucker dazu und muss jetzt Insulin dazu spritzen. Werte von über 600 Zucker durch das viele Kortison. Mitte Jänner kam dann der erste Zusammenbruch. Alle Nebenwirkungen wie extreme Schlafstörungen, Zucker, Muskelschwund, Wassereinlagerungen, Atemnot, Bluthochdruck, zu hoher Puls etc. breiteten sich aus. Alles vom Höchstdosiskortison. Es ging mir immer schlechter und schließlich musste ich wieder ins Krankenhaus. Ich schlief 5 Tage nichts mehr. Das viele Kortison wirkt bei der Dosis wie die Droge Ectasy. Ich war wie ein Duracell Hase, zitterte am ganzen Körper. Seit Wochen konnte ich nicht mehr schlafen, so aufgeputscht bin ich durch das Höchstdosiskortison. Im Krankenhaus gaben sie mir Dormicum um zu schlafen, selbst das half nichts und ich war wach. Nach einer Woche ging es wieder nachhause. Aber nicht für lange, den der nächste Zusammenbruch kam am Tag 200 den 3.2.2018. Ich bekam innerhalb weniger Stunden so starke Knochenschmerzen dass ich nicht mehr laufen konnte. Meine Knie brachen weg und ich konnte sie nicht mehr bewegen. Also ging es wieder ins Krankenhaus. Diesmal war ich auf der Palliativstation im LKH Fürstenfeld. Aufgrund den starken Chemos und der Stammzellentransplantation sind meine Knochen geschädigt und das viele Kortison führt zusätzlich zu Muskelschwund. Kein Wunder dass die Knochen geschädigt sind, denn schließlich wurde dreimal mein Knochenmark komplett vernichtet mit den Chemos. Nach einer Woche kam ich nachhause. Wieder nur für eine Woche. Denn seit 12.02.2018 bin ich wieder im LKH Graz. Die Abstoßungsreaktion bei der Leber will trotz dem vielen Kortison einfach nicht werden und zusätzlich Verdacht auf einen Krebsrückfall. So langsam bin ich schon am verzweifeln. Werde ich jemals gesund? Nimmt mein Körper jemals die Zellen an und wird die Leukämie jemals besiegt? Überlebe ich das alles wirklich? Es gibt keine Antwort auf meine Fragen, leider. Diese Ungewissheit ist schrecklich für mich und meine Familie. Ich weiss gar nichts, kann absolut nichts planen und muss tagein tagaus i.wie hineinleben ohne Antworten. Was glaubt ihr was los wäre wenn ich wegen allem jammern und raunzen würde? Ich versuche trotz allem zu lachen und trotz allem positiv zu bleiben. Und jeder kann das, denn das ist reine Einstellungssache!!! Nur mit Optimismus und den festen Glauben daran kommt man weiter. Natürlich ist es für mich manchmal auch schwer die Hoffnung nicht zu verlieren und den Glauben daran. Und natürlich weine ich auch und schreie. Vor allem wenn es mir körperlich wieder so schlecht geht, aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Wenn ich mich aufgebe, verliere ich den Kampf gegen die Leukämie. Und das kommt für mich nicht in Frage!

zur GVHD

Nun möchte ich nochmal auf die Abstoßung, die GVHD eingehen. Die chronische GVHD – Graft versus Host Disease oder auch Transplantat gegen Wirt Reaktion ist quasi eine Reaktion des Spenderimmunsystems gegen Gewebe des Empfängers. Dies ist die Hauptkomplikation nach einer allogenen Stammzellentransplantation. Die neuen Stammzellen erkennen den Körper als fremd an und zerstören Organe, Gewebe, Muskeln, Mundschleimhaut, Augen, Darm etc … Oft führt dies über Jahre hinweg zum Tod.

Zugleich soll es auch eintreten damit der sogenannte Leukämieeffekt eintritt. Die Spenderzellen sollen verbliebene Leukämiezellen ebenfalls fressen und vernichten. Die GVHD befällt meistens Haut, Darm und Leber und ist sehr hartnäckig und beeinträchtigt das Leben sehr.  Meine Mundschleimhaut war ganz weiß und offen, die Haut war rot gefleckt.

Niemand kann uns sagen ob der Körper jemals mit der Stammzellenspende zurecht kommen wird. Die GVHD tritt bei 50% der Transplantierten auf. Es gibt also keine Garantie dafür ob der Köper jemals mit der Stammzellenspende zurecht kommt. Man kann es nur hoffen das die neuen Zellen das schaffen. Nur wielange dies dauert und ob er es schafft weiß man nicht.